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Pressemitteilung zu "Schritte in Tibet"
Multivisionsschau von Eva Sundin, Fotojournalistin
Reisevirus, Reinkarnation und internationale Politik
Den Anstoß gab ein gedrucktes
Foto: der Blick in eine sandige, steinige Wüste, gesäumt von gigantischen
Schneebergen. Aufgenommen war das Foto am Kunjerab - Pass zwischen Pakistan
und China, fotografiert hatte es Edmund Hillary, der Erstbesteiger des Mount
Everest.
Als Eva Sundin (Jg.1963) dieses Bild in einem Buch entdeckte, sprang ein Funke
über. Wenige Monate später, im Sommer 1993, stand sie selbst am
Kunjerab - Pass, sah die steinige Wüste, die fantastischen Schneegipfel
mit eigenen Augen. Mit einer Freundin war sie zu einer fünfmonatigen
Reise durch Asien aufgebrochen - von Nepal über Kashmir nach Ladakh,
dann allein weiter durch Pakistan und China nach Hongkong. „Auf
dieser Reise“, sagt Sundin, „reifte
mein Entschluss, als Fotojournalistin zu arbeiten.“ Mit der Kamera
und auf Papier hielt sie ihre ersten Eindrücke von Asien fest.
Zwei dutzend Mal war sie inzwischen in Tibet, jenem Land,
von dem sie am meisten geträumt hatte. Die ersten Reisen dauerten jeweils
ein Vierteljahr. Sundin war allein unterwegs auf der Suche nach den Überresten
des alten Tibet. Auf dem Rücken einen Wanderrucksack mit der mittlerweile
stattlichen Fotoausrüstung. „Das ist für
mich die schönste Art des Reisens“, sagt sie, „denn
so komme ich mit der fremden Kultur und den Menschen unmittelbar in Kontakt.“
In Deutschland zeigt die Fotojournalistin ihre Tibet-Bilder
als Diareportage und in Ausstellungen, ihr Archiv umfasst Tausende von Dias
und Schwarz-Weiß-Fotos allein aus Tibet. Im Geschäft der Diavorträge
ist sie eine der wenigen Frauen, und sie will Einblicke vermitteln, die tiefer
gehen als Abenteuerklischees und Schilderungen von touristischem Extremsport.
Unter schwierigen Reisebedingungen trampte Sundin allein durch die unzugänglichen
Gebiete West- und Osttibets, wanderte mit Pilgern um den heiligen Berg Kailash
und nahm sich viel Zeit, um das Leben in Nonnen- und Mönchsklöstern
zu erforschen. „Entgegen der Einschätzung einiger exiltibetischer und westlicher Tibetfreunde, dass die tibetische Kultur in Tibet keine Zukunft mehr hat, gewinnt man vor Ort den Eindruck, dass das Herz des Buddhismus unaufhörlich schlägt.“
1949 begann die chinesische Annexion Tibets. Sundin zeigt die außergewöhn-
liche Schönheit des Landes und die tief buddhistisch geprägte Kultur der Tibeter (Kang_Rinpoche.pdf). Und sie beschreibt die Probleme unter der westlich orientierten, selbst erklärtermaßen aufgeschlossenen chinesischen Regierung, der es bisher nicht gelungen ist, ein auf allen Ebenen gleichberechtigtes tibetisch-chinesisches Miteinander zu ermöglichen. Den traurigen Höhepunkt verfehlter chinesischer Tibetpolitik bilden die jüngsten Unruhen vom März 2008, die sich zu einem regelrechten Flächenbrand in allen heute der Volksrepublik China einverleibten Gebieten des historischen Tibet ausdehnten. Sundin hat sich sofort nach der Wiederöffnung Tibets für Ausländer Ende Juni 08 wieder auf den Weg nach Lhasa gemacht, sich während der Olympiade insgesamt drei Monate dort aufgehalten und die Spiele der friedlichen Völkerverständigung unter massiver Militärpräsenz erlebt. „Die breite Öffentlichkeit im Westen bekommt von der Situation in Tibet wenig mit. Denn ausländische Journalisten sind in Tibet nicht erwünscht und müssen heimlich recherchieren. Chinesische Medien dürfen nur die staatlich vorgegebenen Inhalte publizieren. Daher ist es mir ein wichtiges Anliegen, mit meiner Arbeit einen ehrlichen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Dort offenbart sich der stille Kampf der Tibeter um ihr wirtschaftliches und kulturelles Überleben.“
Sundin ist seit ihrer ersten Tibetreise überzeugt, dass
es sinnvoll ist, Hilfsprojekte in Tibet zu unterstützen. Sie besuchte
verschiedene Projekte und erfuhr bei ihren Recherchen von einem
Waisenhaus in Lhasa, das von Tibetern gegründet wurde (Kinderhilfswerk Tendol Gyalzur, Kontakt unter heide.knaack@web.de). Viele Mädchen und Jungen haben dort ein neues Zuhause gefunden. Initiativen zur Förderung behinderter Menschen und blinder
tibetischer Kinder (zum Beispiel Braille without borders, Kontakt unter braillewb@gmx.net) und westliche Entwicklungshilfeprojekte, die im Gesundheits-, Erziehungs- und Agrarsektor tätig sind, helfen den Tibetern ihre Lebensqualität zu verbessern. Durch Spenden an solche Projekte kann sinnvoll geholfen werden. „Alle diese Projekte haben tibetische Mitarbeiter, arbeiten eng mit chinesischen Regierungs-
institutionen zusammen und setzen ein langsames Umdenken und eine Sensibilisierung für die tibetischen Bedürfnisse bei diesen in Gang “, sagt Sundin. Leider setzen sich seit den Märzunruhen 2008 die Hardliner der chinesischen Regierung mit ihrer repressiven Tibetpolitik durch, was die Arbeit der Helfenden in Tibet erschwert. Die jüngsten Verhaftungen von tibetischen Mitarbeitern westlicher Hilfsorganisationen wegen "Spionage für den Dalai Lama" hat international Empörung ausgelöst.
Sundins Lebenslauf ist so ungewöhnlich wie ihre Reisen: Die Diplomsoziologin war Streetworkerin auf der Frankfurter Drogenszene, Medienpädagogin in Kinder- und Jugendhäusern und Lehrerin an einer mexikanischen Privatschule. Seit neun Jahren arbeitet Sie als freie Fotojournalistin, ist zeitweise im Entwicklungsdienst, als Englischlehrerin und Reiseleiterin in Tibet und China tätig und verbringt mehrere Monate im Jahr auf dem Dach der Welt.
„Tibet, das ist für mich wie nachhause kommen“,
sagt sie. Sie spüre eine „tiefe innere Bindung“
- was für die von der Wiedergeburt überzeugten Tibeter nichts Ungewöhnliches
ist. Mehrmals hörte die Fotojournalistin den Kommentar: „Das
ist so, weil du hier schon mal gelebt hast.“ (Visdp Eva Sundin, Dezember 2009)